Donnerstag, 8. April 2010

Es geht auch billig!

Da kommt heute die passende Medlung zum gestrigen Blog. Dazu haette ich dann doch auch noch das ein und das andere anzumerken...denke, dass kommt dann kommende Woche, morgen bin ich in Mumbai und uebermorgen hat "die tollste Frau den Universums" Geburtstag!


Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,687643,00.html

Vorwurf der Ausbeutung
Juristen reichen Hungerlohn-Klage gegen Lidl ein


Lidl gerät erneut in die Kritik. Das Unternehmen wirbt offensiv mit guten Arbeitsbedingungen und fairen Löhnen bei Zulieferern in der Dritten Welt. Doch diese Botschaft entspricht möglicherweise nicht der Wahrheit. Verbraucherschützer und Bürgerrechtler verklagen jetzt den Discounter.

Berlin - Die deutsche Mittelstandsfamilie schaut wohlgelaunt und gutaussehend in die Kamera. Auf der Internetseite von Lidl bezeugen Oma, Opa, Mutter, Vater und zwei Kinder mit ihrem Lachen, dass die Werbebotschaft der Discountkette stimmt. "Lidl setzt sich für sozialverträgliche Arbeitsbedingungen ein", ist dort zu lesen.

Das Versprechen des Unternehmens gilt auch für die Arbeiterinnen und Arbeiter, die in Bangladesch T-Shirts, Hosen, Jacken und Unterwäsche für Lidl herstellen. "Vor allem in den Entwicklungs- und Schwellenländern" will man nach eigenem Bekunden "einen Beitrag zur Verbesserung der Bedingungen in der weltweiten Lieferkette" leisten. Lidl bekennt sich zu einem Verhaltenskodex, der auf den Grundsätzen der Vereinten Nationen beruht. Überlange Arbeitszeiten, Hungerlöhne und Kinderarbeit sind darin verboten.


Was aber passiert wirklich in den Fabriken in Bangladesch, die für Lidl arbeiten?

Im Auftrag von Menschenrechtsorganisationen besuchten Kontrolleure drei Textilfirmen im Umkreis der Hauptstadt Dhaka. Was sie herausgefunden haben wollen, könnte die wohlklingenden Werbesprüche von Lidl in einem anderen Licht erscheinen lassen. Die befragten Arbeiter berichteten demnach, dass beispielsweise die Arbeitszeit oft viel länger und die Löhne geringer seien als erlaubt.

Auf der Basis dieser Untersuchung haben die Juristen der Verbraucherzentrale Hamburg, unterstützt vom European Center for Constitutional and Human Rights und der Kampagne für Saubere Kleidung, eine Klage gegen Lidl beim Landgericht Heilbronn eingereicht. In der Klageschrift heißt es, die Werbung der Handelskette sei "im höchsten Maße unlauter". Sie "suggeriert den Verbrauchern, dass Mindeststandards in den Zulieferbetrieben tatsächlich eingehalten werden. Dies ist nicht der Fall". Das Gericht solle dem Unternehmen deshalb untersagen, seine Werbung weiter zu veröffentlichen.

Sieben Tage pro Woche seien normal

Es ist die erste Klage dieser Art in Deutschland. Juristisch ist es sehr kompliziert, hiesige Unternehmen für ihre Werbung zu Arbeitsbedingungen in anderen Teilen der Welt haftbar zu machen.

Die Kontrolleure haben laut Klage bei ihren Fabrikbesuchen festgestellt, dass die Näher und Näherinnen weitaus länger arbeiten, als die Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) gestatten. Nach sechs Arbeitstagen muss eigentlich ein freier Tag folgen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, würde diese Regel nicht eingehalten. Sieben Tage Arbeit pro Woche seien normal.

Außerdem betrage die Arbeitszeit bei den Lidl-Zulieferern pro Woche bis zu 80 Stunden, argumentieren die Kritiker. Erlaubt sind dagegen maximal 48 Stunden. Zusätzlich sehen die internationalen Standards höchstens zwölf freiwillige Überstunden wöchentlich vor. Auch diese Grenze werde in den Textilfabriken häufig überschritten. Die Arbeiterinnen würden zudem oft zu den Überstunden gezwungen - von Freiwilligkeit könne keine Rede sein.

Auch beim Lohn seien Verstöße gegen die internationalen Standards an der Tagesordnung. So würde den Arbeiterinnen oft ein Teil des Lohns zur Strafe für scheinbare oder tatsächliche Vergehen abgezogen. Dieses Verfahren ist laut ILO-Konventionen ebenfalls nicht gestattet. Über eine der drei Zulieferfirmen schreiben die Kritiker: "Der Lohn reicht nicht aus, um eine durchschnittliche Familie zu ernähren." So habe etwa ein Arbeiter berichtet, "dass seine Kinder abends ohne Essen schlafen gehen müssen".

"Allgemeine Atmosphäre der Unterdrückung und Erniedrigung"

Die Arbeiterinnen erhalten demnach im Monat beispielsweise 2700 Taka, der Währung von Bangladesh. Das entspricht 27 Euro. Umgerechnet auf eine Arbeitszeit von 60 Stunden pro Woche ergäbe dies einen Stundenlohn von elf Euro-Cent. Zum Vergleich: Herrenhemden findet man bei Lidl in Deutschland für 3,99 Euro, Hosen für 5,99 Euro.

Damit ist die Liste der kritisierten Missstände bei den Zulieferern nicht zu Ende. Die Verbraucherschützer und Menschenrechtler werfen Lidl vor, dass die Arbeiter entgegen internationalen Standards keine Möglichkeiten hätten, sich einer Gewerkschaft anzuschließen und mit ihrer Firma kollektiv über den Lohn zu verhandeln. Stattdessen würden Beleidigungen, Schläge und andere Diskriminierungen zum Alltag gehören. "In den Produktionsstätten herrscht eine allgemeine Atmosphäre der Unterdrückung und Erniedrigung", heißt es in der Klageschrift. So würden Frauen gezwungen, ihren Job aufzugeben, wenn sie schwanger seien. Dadurch sparten die Zulieferer Kosten.

Gegenüber SPIEGEL ONLINE äußerte sich Lidl-Sprecherin Petra Trabert nicht zu den konkreten Vorwürfen. Sie erklärte, dass das Handelsunternehmen in der Vergangenheit Berichten über verschiedene Missstände nachgegangen sei. Die Zulieferfirmen hätten dann "Verbesserungen umgesetzt". Zur aktuellen Kritik durch die Verbraucherzentrale könne man erst Stellung nehmen, wenn weitere Kontrollen in Bangladesch stattgefunden hätten. "In diesem Rahmen werden wir die von der Verbraucherzentrale angesprochenen Punkte eingehend überprüfen lassen", erklärt Trabert.

Lidl will sein Image aufpolieren

Der Ruf des Unternehmens Lidl hat in den vergangenen Jahren gelitten. Der Einzelhändler ließ seine Beschäftigten in Deutschland ausspionieren, Gewerkschaften kritisierten, dass Lidl kaum Betriebsräte in seinen Filialen dulde. Um sein Image aufzupolieren, ist das Unternehmen vor geraumer Zeit in die Offensive gegangen. Mittlerweile findet man einige fair gehandelte Waren in den Regalen, ein Anwalt nimmt sich der Beschwerden von Beschäftigten an, und der Chef des Aufsichtsrats schlug unlängst vor, einen Mindestlohn für den Einzelhandel zu vereinbaren.

Um zu belegen, dass sein Engagement für bessere Arbeitsbedingungen bei den Zulieferern in der Dritten Welt ernst gemeint sei, weist Lidl auf seine Mitgliedschaft im Europäischen Programm für Sozialstandards (BSCI) hin. Diesem gehören Hunderte Textil- und Handelsunternehmen an, beispielsweise auch Metro und Otto. Ihr gemeinsames Ziel ist es, minimale Sozial- und Ökostandards in den weltweiten Zulieferketten durchzusetzen, unter anderem das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit.


Mit der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), einer bundeseigenen Entwicklungsorganisation, betreibt Lidl außerdem ein Kooperationsprojekt in Bangladesch. Der Discounter hat die GTZ beauftragt, die Arbeitsbedingungen in 73 Zulieferfirmen zu verbessern. Darunter sind auch mindestens zwei der drei Firmen, deretwegen die Verbraucherzentrale jetzt klagt.

"Lidl hat ein Interesse daran, die Schwächen abzustellen", sagt GTZ-Sprecher Hans Stehling. "Wenn schon alles in Ordnung wäre, müsste die GTZ nichts tun." Außerdem, so Stehling, könne man nicht jedes Problem dem Unternehmen anlasten. So müssten und wollten die Näherinnen in den Zulieferbetrieben erfahrungsgemäß möglichst viele Überstunden ableisten, um mehr Geld für ihre Familien zu haben.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen