Donnerstag, 25. März 2010

Indianer oder Cowboy?

Das ist nun der 25ste Blogbeitrag. Thema ist immer noch Baumwolle und Indien und es scheint mir, als ob das eine neverending story werden koennte. Habe mir mal grob angeschaut, was ich bis dato losgelassen habe und bin im grossen und auch im ganzen zufrieden damit. Informationen, mehr Fragen als Antworten, mehr oder weniger gute Anekdoten… geht durch.

Was mir nicht gefaellt, ist, dass ich den Eindruck eines USA bashings hinterlassen haben koennte.

Ein USA Bashing ist einfach und kommt gut an. Wir sind doch alle lieber Indianer als Cowboys (weiss nicht nur PUR). 1962 geboren bin ich ein “Sohn der 80er Jahre” und auch rueckblickend finde ich, dass wir gar nicht so schlecht waren und einiges bewegt haben. Eine Bundeskanzlerin, ein schwuler Aussenminister, Umweltstandarts die die Lebensqualtitaet nicht nur im Ruhrgebiet enorm erhoeht haben, Kiffen kostet nur noch den Fuehrerschein, Wehrdienst auf 6 Monate verkuerzt, etc…

Hausbesetzungen, Drogenkonsum bis das Bewusstsein sich zu einer Supernova ausgedehnt hat, Demos (und andere Aktionen) gegen Atomkraft, fuer den Frieden, gegen Pershings, fuer das Recht auf Rausch uswusf… Hatte alles seine Richtigkeit und stehe ich heute noch dahinter, auch wenn ich den Drogenquatsch schon lange hinter mir gelassen habe…aber eine Sache aus dieser Zeit ist mir noch heute hochnotpeinlich. Zusammen mit dem autonomen Block “USA SA SS” gegroehlt zu habe. Denn das ist und war nicht nur peinlich, sondern auch extrem daemlich!!!

Im Zusammenhang mit Baumwolle kommt man zwangslaeufig immer wieder auf die Rolle der USA. Die Sklavenhaltung in den Suedstaaten waren eines der uebelsten Kapitel der USA. An dem Geschaeft profitiert haben aber auch europaeische Menschenhaendler, arabische Zwischenhaendler und die eigentliche Menschenjagd wurde von Afrikanern selbst ausgefuehrt. Also auch hier bringt uns ein reines “schwarz(gut)/weiss(boese)” denken nicht wirklich weiter.

Allerdings kommt der weitaus groesste Teil der US Baumwolle heute eben nicht mehr aus den alten Suedstaaten, sondern aus Texas. In diesem Zusammenhang ist es interessant zu sehen, woran es lag, dass der Baumwoll Underdog Texas, dem Suedstaaten Baumwollbaron den Schneid abgekauft hat.

Fuer die Baumwollernte benoetigte man manpower, Arbeitskraft. Allerdings ist der Aufwand beim Baumwollanbau und der Ernte nicht gleichmaessig ueber das ganze Jahr, oder wenigtens ueber eine Saison verteilt. Gepfluegt und kultiviert wurde mit einem Maultier (menschlicher Arbeitsaufwand eher gering), waehrend die Pflanzen reifen muss intensiv gejaetet, Unkraut entfernt werden (menschlicher Arbeitsaufwand mittelwertig) fuer die Ernte benoetigt man aber einen enormen menschlichen Arbeitsaufwand. Da die Baumwolleernte extrem vom Wetter abhaengt benoetigt man die Arbeitskraefte in grosser Menge nur zu ganz bestimmten, aber nicht zu vorherbestimmenden Zeiten. Mitte des 19ten Jahrhinderts schoss die weltweite Baumwollproduktion, aufgrund der europaeischen Nachfrage, in die Hoehe. Waehrend die Ernteertraege in Afrika und Indien in etwa gleich blieben, waren es die Baumwollfelder der Suedstaaaten, die diese Nachfrage befriedigten. Aber auch zu dieser Zeit hat man nur schwer locale Arbeitskraefte fuer diese Knochearbeit gewinnen koennen. Erschwerend kam hinzu, dass die Einwanderer eigenes Land fuer kleines Geld bekommen konnten. Anstatt sich als Tageloehner fuer kleinstes Einkommen den Ruecken krumm zu schuften, zog man es doch vor auf der eigenen Scholle fuer einen bescheidenen Wohlstand zu sorgen.

Abhilfe schaffte eine erste Globalisiserung. Menschen wurden in Afrika, von Afrikanern gefangen, an arabische Haendler weiterverkauft und schliesslich von europaeischen Reedereien nach Amerika verschifft, dort an weisse Baumwollfarmer als Sklaven verkauft, um dann 24/7 als unfreie Arbeitskraft einsetzbar zu sein. Auch nach dem Buergerkrieg und der offiziellen Abschaffung der Sklaverei, hat sich erstmal an dem Schicksal der Afroamerikaner wenig geaendert. Aus Kunta Kinte wurde Onkel Tom…so what!

Im Rueckspiegel betrachtet koennte man sagen, dass die, nennen wir es Tradition, dem Baumwollanbau in den Suedstaaten den verdienten Todesstoss verpasst hat. Waehrend die Baumwollfarmer in Texas von Beginn an mit Traktoren arbeiteten, die Abhaengigkeit vom Faktor Mensch immer weiter verringerten, konnte und wollte man in den Suedstaaten weder vom geliebten Maultier und noch weniger vom abhaengigen, ungebildeten und billigen Onkel Tom lassen.
(empfehle zu diesem Themenkomplex das Buch von Pietra Rivoli “Reisebericht eines T-Shirts”)

Aber wie es bis heute dazu gekommen ist, dass das Industrieland Nummer eins, es zustande bringt in einem Marktsegment fuehrend zu sein, in dem die Ertragsgewinne in keinem Verhaeltniss zum Aufwand steht verdient eine Betrachtung.

Zu nennen waeren da, eine excellente Lobbyarbeit. Die Texaner hatten und haben den Kongress gut im Griff. Subvensionen, Abnahmegarantieen, Versicherungen, Zuschuesse, Protektion des eigenen und Exportzuschuesse in andere Maerkte.

Das ist schon beachtlich, vor allem wenn man bedenkt, wieviel Anteil die Baumwolle am US Bruttosozialprodukt hat und wie viele, oder besser gesagt wie wenige Menschen da beschaeftigt sind. Wenn Indien seine Baumwollanbauer so massiv unterstuetzen wuerde, wuerde das Sinn machen, weil es hunderttausende Familien sind, die mehr oder weniger vom Anbau von Baumwolle abhaengig sind. Das dies nicht geschieht ist eine Tatsache und das Indien arm und die USA reich sind ist kein Argument…es ist eine Frage von Prioritaeten, vielleicht auch von dem ein oder anderen Kampfjet mehr oder weniger, oder wo bzw bei wem man die “Hand” besser aufhalten kann.

Und damit zurueck zum Ausgangsthema. USA bashing ist simpel und greift, wenn ueberhaupt, nur zu kurz und bringt mich so gar nicht weiter. Von den USA kann und sollte man lernen (was die Inder im uebrigen bei fast allem wo sie erfolgreich sind tun), mit dem Ziel, dass man Fehler vermeidet und das positive auf seine eigenen Gegebenheiten anwendet.

Im uebrigen wollte ich nach Gujarat fahren und mich vor Ort kundig machen und mich umsehen. Das habe ich bis dato nicht hinbekommen und wird auch fruehstens im Herbst passieren. Ich habe das Gefuehl, dass mir das alles so gar nicht gefallen wird….

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