Die letzten Tage habe ich darueber nachgedacht, wie es mit dem Blog weitergehen soll. Ich habe vier regelmaessige Leser/innen (einer davon bin ich selbst) und mittlerweile ueber 100 views. Man hat mir geraten mich mit anderen Blogs zu verlinken, aber keine Ahnung wie das geht und keine Lust mich damit zu beschaeftigen. Alles in allem finde ich das schon OK, dafuer, dass es um ein Thema geht, was wir alle taeglich an uns ranlassen und nur in den schoensten Momenten unseres Seins ohne sind (und auch das nicht immer, wobei synthetic hier klar vorne liegt….).
Ich moechte heute eins von diversen Projekten vorstellen, die Prem und Switcher in Indien die letzten Jahre initiiert haben. Tue mich aber etwas schwer, dass was ich gesehen habe und die Meinung, die ich mir dazu gebildet habe objektiv rueberzubringen, damit meine ich in erster Linie mir gegenueber objektiv zu sein. Wie kommst? Kurzer Ruekblick, fuer die, die mich nicht kennen.
Neben meiner Familie gibt es in meinem Leben eigentlich nur 2 regelmaessige Konstanten.

Seid rund 15 Jahren bin ich mit Jan Werner und Andi Thoma aka Mouse On Mars befreundet und stolz darauf, fuer diese international renomierte Elektronicband Freund, Berater und Vorstand des CDF zu sein.

Den Zeitrahmen Familie und Mouse On Mars toppen nur noch die beste Rockband Deutschlands fuer die ich seid 25 Jahren in allen moeglichen Funktionen, aber vor allen in Sachen Baumwolle, immer wieder mal taetig war und bin. An dieser Stelle mal ein ehrliches und von ganzem Herzen kommendes: Danke Jungs!

Und auch wichtig, vor rund 8 Jahren, habe ich zusammen mit meiner Frau das erste Geburtshaus Indiens, for natural child birth & water birth, gegruendet. Seiddem lebe ich in Indien und es ist zu meiner Heimat geworden. (Nein, die blonde junge Frau im DTH Trikot ist nicht meine Gattin!)
Seid Anfang des Jahres arbeite ich als freier “fester” Mitarbeiter fuer die Schweizer Firma Switcher. Entstanden ist dieses Engagement aus meiner Taetigkeit fuer DTH und meinem zu Hause in Indien. Dieser Blog soll auch ganz bestimmt dazu dienen, dass potentielle Textilkunden darueber nachdenken, was sie einkaufen und bei wem sie einkaufen. Die boesen sind z.B. Fruit of the Loom, Gilden, B&C, Hanes… also Firmen die ausschliesslich profitorientiert sind und Umwelt und soziale Standarts, wenn ueberhaupt, nur aus marketingtechnischen Gruenden in ihre Struktur einfliessen lassen. Dann gibt es die Firmen, die ich OK finde und bei denen ich davon ausgehe und zum Teil auch weiss, dass die mit ihren Lieferanten alles in allem korrekte Deals haben und sich zu realistischen Konditionen am Markt (also gegen die erstgenannten) behaupten muessen, hier moechte ich als Beispiele nennen. Promodoro, Continental und Naked Shirt (Hallo Tim!). Bei Switcher bin ich gelandet, weil die sich von den letztgenannten in einer Sache absetzten. Fuer Switcher und ihren Gruender Robin Cornellius waren die Werte Umwelt und Mensch von Anfang an ein zentraler Ansatz der Firmenphilosophie, gepaart mit Marketing und wirtschafltichen Erfolg. Um es in einem Wortspiel auszudruecken. Mich als ueberzeugten Ueberzeugungstaeter hat dieses Konzept ueberzeugt.
Ich hoffe nun, dass meine Kolleginnen und Kollegen in Lausanne mir die ein oder andere kritische Bemerkung nachsehen., aber ich denke bei unserem Motto “made with respect” ist das eine Selbstverstaendlichkeit.

In Tirupur habe ich innerhalb eines Jahres zweimal die verschiedenen sozialen Einrichtungen besucht, die Prem und Switcher dort anbieten. Heute moechte ich das Programm vorstellen, dass mich am meisten beeindruckt hat. Das YES Program (Youngster Education Support). Dieses Programm dient dazu, jungen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Prem Group die Moeglichkeit zur Verfuegung zu stellen, sich in ihrer Freizeit weiterzubilden.
Auch wenn dieses Programm sich an Maenner und Frauen wendet, habe ich bei beiden Besuchen nur die Programme der Frauen besucht. Meine Vermutung ist die, dass sich das Interesse der maennlichen Kollegen dort in ueberschaubaren Grenzen haelt. Immerhin haben die Jungs nach der Arbeit die Moeglichkeit auszugehen, abzuhaengen, in einem Chaishop Karom spielen etc… das geht bei den Frauen gar nicht, umso interessanter und bemerkenswerter ist ihr Engagement.

Es ist eine Tatsache, dass in und um Tirupur die Arbeitskraefte knapp werden und die Fabriken immer mehr Mitarbeiter/innen aus dem nahen und weiterem Umfeld nach Tirupur holen. In der Spinnerei arbeiten fast ausschliesslich junge, unverheiratete Frauen. Um einen weiteren Anreiz zu schaffen, hat Prem fuer diese Frauen ein Ladies Hostel gebaut, wo sie wohnen, schlafen, essen und ihre Freizeit verbringen (nichts da mit Karom im chaishop spielen, dass geht nur bei den Jungs!). Meist werden die jungen Frauen von ihren Eltern begleitet, die sich die Bedingungen vor Ort und vor allem die Bedingungen ausserhalb des Arbeitsplatztes genau ansehen, bevor sie ihren Toechtern erlauben, dort zu arbeiten.

Die Schichtarbeit in einer Spinnerei ist oede, heiss und vor allem laut. Eine Arbeit, die niemand gerne macht und fuer die deshalb nur wenig gebildete, ungelernte Arbeitskraefte in Frage kommen. Durch moderne Fertigungsanlagen hat sich die Staub und Flussenbelastung sehr reduziert, vor allem aber hat die Einfuehrung des Arbeitsstandarts SA8000 zur einer merklichen Verbesserung beigetragen, weil nur 8 Stunden pro Schicht gearbeitet werden darf (an 6 Tagen die Woche).

Wie schon erwaehnt ist Freizeitangebot fuer diese Frauen nicht verfuegbar, eine junge, unverheiratete Frau vom Land, die in der Fabrik arbeitet, kann und wird in ihrer Freizeit nicht in die Stadt gehen und sich in meinem bevorzugten Café Coffe Day einen Latte Machiatto goennen. Dies und die Tatsache das alle Frauen innerhalb von 3 bis 5 Jahren wieder zurueck zu ihren Familien gehen, meist um dort zu heiraten, hat Prem/Switcher dazu animiert, darueber nachzudenken, was man an Angeboten anbieten koennte. So in etwa ist dann die Idee des YES Programms entstanden.
Eine Moeglichkeit zu schaffen, damit die Frauen sich in ihrer Freizeit bilden und weiterbilden koennen. Im Ideallfall sollte diese Ausbildung den Frauen ermoeglichen, nach ihrer Heimkehr, durch ihre neu gewonnen Faehigkeiten ein kleines Geschaeft aufzumachen oder durch Dienstleistungen eigenes Geld dazuzuverdienen

Manche verbesseren ihre Faehigkeiten beim Lesen und schreiben. Verschiedene handwerktechniken werden gelehrt. Nach meinem Eindruck ist die Klasse Naehen mit und ohne Maschiene , sowie das schneidern die mit Abstand beliebteste.


Eine Schweizer Privatschule hat auch eine Computerklasse eingerichtet und mehrere Computer und entsprechende Lernprogramme zur Verfuegung gestellt.

Diese Idee war gut gemeint, aber ich glaube das war ein netter Versuch der nicht funktionert. Unser Besuch ist natuerlich angekuendigt und so ueberzeugend ehrlich die Naehgruppe war so freundlich naiv wurden bei beiden Besuchen ein paar junge Damen vor die Computer gesetzt , um uns zu zeigen, dass da was passiert.

Die indische Loesungsvariante dieses Missverstaendnissen wuerde so aussehen, dass die Computer innerhalb von 3-5 Jahren, aufgrund des Klimas den Geist aufgeben und nicht nach neuen gefragt wird. Mein Rat waere, dass so zu nehmen und gut…
Der Grund, weshalb dieses Rahmenprogramm zur Arbeit ein wirklicher Erfolg ist und nach meiner Meinung die Zukunft mit gestalten wird ist ein anderer. Da wo diese jungen Frauen herkommen ist der Junge der Ratscha, der Prinz, die Frau hat zu dienen und spielt immer die zweite Geige. Das bessere Essen bekommen die Jungs, die bessere Kleidung bekommend die Jungs und die bessere Bildung bekommen die Jungs. Ich bin mir sicher, dass die meisten Frauen als dumme, verschuechterende Maedels und ohne Selbstbewusssein dort ankommen.

Durch die Arbeit und damit die Moeglichkeit ein eigenes Einkommen zu erwirtschaften, das Miteinander im Ladies Hostel und die Erkenntiss, dass sie sich aufgrund des YES Programms weiter und fortbilden und entwickeln, habe ich ziemlich selbstbewusste junge Frauen dort kennengelernt. Und dieses Selbstbewusstsein nehmen die mit nach Hause, in die Ehe und deren Toechter werden sicher schon anders aufwachsen.

Und jetzt stelle ich mir mal vor, dass in 40 Jahren eine halbe Millarde Inderinnen selbstbewusst die Geschicke dieses Planeten mitbestimmen…