Sonntag, 30. Mai 2010

Invest in water loo ?

Investmenttrend
Wie man mit Wasser reich wird

Von Astrid Lipsky

(quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/0,1518,696300,00.html)

Weil Ressourcen begrenzt sind, hat sich rund ums Wasser ein Milliardenmarkt entwickelt. Davon können auch Privatanleger profitieren - sie müssen sich nur eine Frage stellen: Darf man mit der Knappheit eines lebenwichtigen Gutes Geld verdienen?

Hamburg - Kaum ist der Deutsche aufgestanden, ist seine Wasser-Bilanz auch schon im Eimer. 230 Liter stehen nach einer Tasse Kaffee und einer Scheibe Brot mit Käse auf der Uhr. Fürs Zähneputzen und Duschen kommen noch einmal 197 Liter hinzu. Zusammen sind das mal eben drei Badewannen voll.

Der Großteil davon ist unsichtbar. Es ist das sogenannte virtuelle Wasser, ein Maß für den tatsächlichen Wasserverbrauch. Der vom britischen Geografen John Allan 1995 eingeführte Begriff berücksichtigt auch das für die Herstellung von Produkten verbrauchte, verschmutzte und verdampfte Wasser. Inklusive dieses virtuellen Wassers spült jeder Deutsche im Schnitt 5288 Liter pro Tag weg, knapp zwei Millionen Liter pro Jahr. Das hat der Umweltverband WWF berechnet.


Für viele Menschen auf der Welt ist das kaum vorstellbar. Sie waschen sich in kolibakterien-verseuchten Seen oder Flüssen und kochen Tee mit Brackwasser. Schon heute hat einer von sechs Menschen nicht genug sauberes Wasser zum Trinken. In der Mitte dieses Jahrhunderts, heißt es im Weltwasserbericht der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur ( Unesco), leiden voraussichtlich bis zu sieben Milliarden Menschen in 60 Ländern unter akuter Wasserknappheit.

Denn die Weltbevölkerung wächst rasant, und alle wollen sauberes Wasser trinken. Aber nicht nur das: Immer mehr Menschen vor allem in China und Indien wollen Fleisch und Milchprodukte essen, Autos fahren und Kaffee trinken. Damit ein Kilo Rindfleisch auf dem Teller landet, sind 15.000 Liter Wasser nötig, für ein Kilo Reis nur 2500. Mensch und Industrie brauchen zudem Energie.

Ein Kraftwerk mit einer Leistung von 1000 Megawatt schluckt knapp 20 Millionen Liter Wasser am Tag. Allein in China geht jede Woche ein Kohlekraftwerk ans Netz. "Die Nachfrage nach Wasser wächst doppelt so schnell wie die Bevölkerung", sagt Hans Peter Portner, Manager des ersten und größten Wasserfonds, des Pictet Water.

Finanzhäuser sehen "enormes Potential"

Unterdessen wird Wasser immer knapper. Klimawandel, Verschwendung und Verschmutzung von Flüssen, Seen und Süßwasserreserven sind schuld, dass es immer weniger trinkbares Wasser gibt. Experten schätzen, dass weltweit rund die Hälfte des Wassers auf dem Weg zum Verbraucher oder während der Anwendung verloren geht.

Die Versorgung mit Trinkwasser, so viel ist klar, ist eine der Schlüsselaufgaben des 21. Jahrhunderts. Rund um das Wasser und seine Aufbereitung hat sich daher ein Milliardenmarkt entwickelt. Er reicht vom Staudammbau über Meerwasserentsalzungsanlagen bis hin zur Renovierung alter Wasser- und Abwasserrohre; von der Züchtung neuer Pflanzen, die mit weniger Wasser auskommen, bis zum weltweiten Transport von Mineralwasser und von der höheren Effizienz der Wassernutzung in der industriellen Produktion bis hin zur Wasser sparenden Waschmaschine. Schon gibt es Pläne, riesige Eisberge aus der Antarktis vor die Küste Südafrikas zu schleppen und zu Trinkwasser zu schmelzen.

Eric Heymann, Autor der Studie "Weltwassermärkte" von Deutsche Bank Research, schätzt den Investitionsbedarf weltweit auf 400 bis 500 Milliarden Euro pro Jahr. Herstellern von Wassertechnologien wie Pumpen, Filtern, Kompressoren, Armaturen, Klär- und Entsalzungsanlagen prophezeit er in den kommenden Jahrzehnten ein "enormes Absatzpotential".


Banken, Fondsgesellschaften und Emissionshäuser haben das längst erkannt. Allen voran die Schweizer Privatbank Pictet. Ihr im Januar 2000 aufgelegter Pictet Water hat in diesem Jahr zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Hans Peter Portner, der das Urgestein seit 2001 managt, hat "natürlich mit Wasser, nicht mit Schampus" angestoßen. Er kauft Aktien von Unternehmen, die einen Wasseranteil von mindestens 20 Prozent am Umsatz haben.

Die meisten kommen aus den Bereichen Versorger (inklusive Wasseraufbereitung) und Industrie (Wassertechnologie, Umweltdienstleistungen, Abfallwirtschaft). Die Nahrungsmittelkonzerne Nestlé und Danone hingegen, die Portner wegen der Herstellung von Flaschenwasser im Portfolio hatte, verkaufte er 2009 komplett, weil sich "die Aktien der beiden Unternehmen unter unseren Erwartungen entwickelt haben". Er bevorzugt Firmen, die komplette Lösungen anbieten und dadurch einen Know-how-Vorteil haben. Portner: "Das Geschäft mit einzelnen Komponenten wird immer schwieriger, weil die Konkurrenz aus Asien zunimmt."

Portner setzt deutlich stärker auf Versorger (46 Prozent des Portfolios) als andere Wasserfonds. Dadurch ist er defensiver aufgestellt als seine Konkurrenz, was sich auch an der Performance zeigt: Er kam besser durch das Krisenjahr 2008 (minus 34 Prozent), hatte 2009 aber das Nachsehen (plus 20,3 Prozent).

Sein größter Konkurrent, der im September 2001 bei Julius Bär aufgelegte SAM Sustainable Water, hat 2008 zwar 41,6 Prozent verloren, 2009 mit einem Plus von 33,8 Prozent aber deutlich besser abgeschnitten. Über fünf Jahre schwimmt er an der Spitze der Kategorie. Fondsmanager Dieter Küffer investiert einerseits weniger in defensive Versorger, mehr in Nebenwerte, und andererseits ist sein Investmentuniversum deutlich breiter.

So kauft er beispielsweise auch Aktien aus dem Bereich Wasser sparende Bewässerung: Küffers größte Position ist derzeit Chaoda Modern Agriculture, Chinas führender Erzeuger von Obst und Gemüse. Performance-Treiber ist dann allerdings nicht mehr der Wassermarkt, sondern die Rally der Agrarrohstoffe. Hardliner bezeichnen das als Verwässerung. Schließlich könnte man mit derselben Logik auch Aktien von VW kaufen, dem effizientesten Autobauer auf dem Markt.

Fondsmanager Küffer und Wasser-Analyst Wild von SAM halten dagegen: "Rund 70 Prozent des weltweiten Wasserverbrauchs entfallen auf die Landwirtschaft. Warum sollten nicht die Unternehmen belohnt werden, die hier am sparsamsten wirtschaften?" Profitiert hat der SAM Sustainable Water insgesamt von seiner relativ hohen Gewichtung der Schwellenländer.

Erst Anfang dieses Jahres ist die Asien-Analystin Junwei Hafner-Cai zum Wasser-Team gestoßen, was dafür spricht, dass dieser Teil des Portfolios weiter ausgebaut wird. Grundsätzlich aber gilt für alle Wasserfonds: Die größte Länderposition ist der weltgrößte Wassermarkt USA, die Gewichtung schwankt zwischen 30 und 50 Prozent.

Nachhaltige Unternehmen gesucht

Anders als beim Pictet-Manager fließt bei Küffer auch das hauseigene Nachhaltigkeitsrating in die Bewertungsanalyse der Firmen ein. Ausschlusskriterien gibt es dabei nicht. Gesucht wird nach den Firmen, die in ihrer Branche am nachhaltigsten wirtschaften.

Auch Matthias Priebs berücksichtigt Nachhaltigkeitskriterien. Der Manager des Ende 2007 aufgelegten Sarasin Sustainable Water setzt auf die gesamte Wertschöpfungskette des Wassermarkts und ist ebenfalls weniger auf Versorger fokussiert als der Pictet-Fonds.

"Ein kleines Unterthema im Fonds sind Firmen, die in ihren Produktionsprozessen sehr viel Wasser verbrauchen, beispielsweise aus der Papier- oder Hightech-Industrie, und die ihren Wasserverbrauch konsistent senken." Als Beispiel nennt Priebs den Waschmittelkonzern Henkel. Ein noch breiteres Investmentuniversum und gleichzeitig die nach eigener Aussage strengsten Nachhaltigkeitskriterien hat das Fondsmanagement des Ökoworld Water for Life. Gekauft werden ausschließlich Werte, die glasklar definierte Kriterien an die ökologische, soziale und makroökonomische Nachhaltigkeit erfüllen.

Aktive oder passive Fonds?

Auch der schonende Umgang mit der Ressource Wasser und der Schutz natürlicher Wasserreservoirs sind ein Anlagekriterium. Darunter fallen bei Ökoworld neben sparsamen Agrarbetrieben auch Unternehmen aus den Bereichen Recycling von Industriemetallen, chemischen oder Krankenhausabfällen. Mehr Performance hat das nicht gebracht. Mit einem Plus von 32,6 Prozent über ein Jahr liegt der Ökoworld Water for Life am Ende der Kategorie.

Wer statt auf aktives Management lieber auf passive Indexprodukte setzen möchte, kann unter Zertifikaten und börsennotierten Indexfonds wählen. Vor allem mit den Börsenfonds lagen Investoren in den vergangenen zwölf Monaten gut im Rennen. Mit einem Plus von 47 Prozent schnitt der Powershares Palisades Global Water am besten ab.

Er bildet den gleichnamigen Palisades Global Water Index ab, der aktuell aus 30 Firmen besteht, die hauptsächlich im Bereich der Trinkwasserversorgung, der Wasseraufbereitung sowie der Technologie und Dienstleistung für die globale Wasserversorgung aktiv sind. "Passive Produkte können in diesem Markt durchaus eine Alternative sein", sagt Fondsanalyst Björn Drescher.

Aber darf und sollte man mit der Knappheit eines lebenswichtigen und unersetzbaren Gutes überhaupt Geschäfte machen? Dass sie mit dem Elend anderer Geld verdienen wollen, weisen die Wasser-Manager weit von sich. "Die Unternehmen profitieren ja nicht nur, sie stellen auch dringend benötigte Lösungen bereit", sagt SAM-Manager Küffer.

Auch Pictet-Manager Portner sieht sich nicht als Nutznießer, sondern als Helfer: "Wir wollen dazu beitragen, dass der Preis ja gerade nicht ins Unermessliche steigt." Also man darf in die Fonds Geld stecken. "Aber mehr als 20 Prozent des Aktienportfolios sollten nicht investiert werden", so Drescher.

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