STIFTUNG WARENTEST
Mode ist nur selten fair
Viele Modefirmen schmücken sich mit einer "grünen" Linie. Doch nur die wenigsten sorgen für Umweltstandards und faire Arbeitsbedingungen, belegt die Stiftung Warentest.
© Oliver Berg/dpa
H&M wirbt verstärkt mit seiner "grünen" Linie. Dennoch verweigerte der Konzern den Testern der Stiftung Warentest den Einblick in seine Produktionskette
Wenn ein T-Shirt für 3 Euro über den Ladentisch geht, kann es dann überhaupt fair und umweltfreundlich produziert worden sein? Dieser Frage ist die Stiftung Warentest in ihrer August-Ausgabe nachgegangen und hat 20 Anbieter klassischer T-Shirts einem CSR-Test unterzogen. CSR steht fürCorporate Social Responsibility, das freiwillige Engagement von Firmen für die Mitarbeiter und die Umwelt. Die Tester bekamen Zutritt zu 14 Nähereien und 9 Färbereien in 10 Ländern. Dort überprüften sie die Umweltfreundlichkeit des Materials sowie die Löhne und Arbeitsbedingungen. Außerdem bewertete die Stiftung Warentest die Unternehmenspolitik, Verbraucherinformation und Transparenz der einzelnen Unternehmen.
Das Ergebnis ist desillusionierend: Obwohl sich seit einiger Zeit viele Firmen ökologisches Engagement und fairen Handel auf die Fahnen schreiben, verwirklicht in der Realität fast keine diese Vorsätze. Nur die Natur- und Ökomodefirma hessnatur konnte den Anbau und die Weiterverarbeitung der Baumwolle – in ihrem Fall Biobaumwolle aus Burkina Faso – einwandfrei nachverfolgen. Außerdem engagiert sich das Unternehmen sehr für seine Mitarbeiter und den Umweltschutz. Weitere fünf Anbieter zeigten zumindest positive Ansätze, so etwa C&A, dessen zwei indische Fertigungsstätten sich durch eine weit entwickelte Sozial- und Umweltpolitik auszeichnen.
Die Modemarken Mexx, NKD und zero verweigerten hingegen vollkommen die Auskunft. Das gilt auch für H&M, obwohl der schwedische Konzern seit Jahren seine "grüne" Linie in den Fokus rückt.
Auch andere Anbieter, die sich explizit als Ökomode-Labels vermarkten, konnten bei genauer Nachfrage der Tester nicht bestehen. Das junge Modelabel armedangels aus Köln – das einzige mit Fairtrade-Siegel im Test – behauptete auf seiner Webseite etwa, engen Kontakt zu den Baumwollbauern oder der Färberei in Portugal zu pflegen. Bei Nachforschungen der Tester stellte sich jedoch heraus, dass keiner der Betreffenden armedangels kannte. Außerdem betont das Unternehmen, dass von der Baumwollernte bis zum Druck alle Arbeiter genug verdienen würden, um ihren Familien ein Leben jenseits der Armutsgrenze zu ermöglichen. Die Tester ermittelten jedoch, dass armedangels zwar faire Preise für die Baumwolle zahlte, nicht aber für deren Verarbeitung.
In vielen Fällen ergaben die Prüfung der Unterlagen und Gespräche vor Ort, dass die Fabrikarbeiter ihre Lebenskosten mit ihrem Lohn kaum decken können. Deutlich mehr als den Mindestlohn zahlen nur wenige Häuser, etwa hessnatur in Litauen. Trigema bezahlt seine deutschen Angestellten über Tarif. Panda tut das gleiche für die Mitarbeiter in der deutschen Färberei. Die Konzerne Ernsting’s Family und Peek&Cloppenburg lassen in Bangladesch in anständiger Weise produzieren und zahlen neben den kargen Mindestlöhnen zumindest extra Boni.
Auch die ökologischen Kriterien waren in vielen Fällen unklar. Der Otto-Versand konnte nach Angaben der Stiftung Warentest nicht nachweisen, dass sein T-Shirt tatsächlich aus Bio-Baumwolle besteht – und das, obwohl für jede Stufe vom Anbau bis zum Händler Zertifikate vorliegen müssten. Auch bei weiteren Bio-Baumwoll-T-Shirts konnten die Tester nicht bestätigen, ob beim Anbau Biokriterien eingehalten wurden. In einigen Betrieben konnte man zudem nicht ausschließen, ob nicht konventionelle Baumwolle zugemischt wurde.
Der konventionelle Baumwollanbau verbraucht 10 Prozent aller weltweit eingesetzten Pestizide. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben jährlich Tausende Feldarbeiter an den Folgen. Der Bioanbau verzichtet hingegen auf chemische Pflanzenschutzmittel.
Der Bundesverband der Verbraucherzentrale fordert nun eine gesetzliche Informationspflicht von Unternehmen zu den Umwelt- und Sozialstandards ihrer Produkte. "Die Politik muss dafür sorgen, dass dieser Etikettenschwindel ein Ende hat“, forderte der Vorstand Gerd Billen. Dafür sei ein entsprechender Auskunftsanspruch im Verbraucherinformationsgesetz zu verankern. Darüber hinaus fordert der Verband verbindliche Umwelt- und Sozialstandards für Baumwolle, die regelmäßig von unabhängiger Seite kontrolliert werden sollen.
Donnerstag, 29. Juli 2010
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